Als ziemlich mächtiger Komplex stellt sich schon auf der Stadtkarte die Zitadelle dar, die aber einfach nur „Sultan Saladin Zitadelle“ genannt wird. Sie ist ein lohnenswertes Ausflugsziel innerhalb der Stadt. Mit einem Komplex von Moscheen, Gräbern und Museen. Leider wurden die Zitadelle um das Jahr 1176 auf der einzigen nennenswerten 75 Meter hohen Erhebung im Stadtgebiet von Kairo zum Teil aus Steinquadern der kleinen Pyramiden aus Gizeh und Material von den Ruinen aus Memphis errichtet. Und auch Steine des früheren Erdrutsches bei den gegenüber gelegenen Muqattam Mountains, auf dessen Höhe sich heute ebenfalls eine Moschee, ein militärischer Bereich und das Bel Air Hotel befinden, kamen zum Einsatz. Der Weg dort hinauf ist die „chinesischen Mauer von Kairo“.
Was viele Besucher nicht wissen, die Bauarbeiten mussten in Palästina gefangene fränkische Kreuzfahrer durchführen. Zu dieser Zeit gab es in Kairo das Gerücht des „Geistes des Pharaos“, der den „Diebstahl“ von Pyramidensteinen rächen würde.
Der Ursprung der Zitadelle geht auf Saladin zurück. Er ließ, auch auf Betreiben seines Ministers, im Jahre 1176 Befestigungsmauern errichten, um die Stadt besser gegen die Angriffe der Kreuzritter verteidigen zu können. Allerdings hatten die beeindruckenden dicken Mauern niemals Angriffe fremder Okkupanten zu widerstehen. Nein! Lediglich Rivalen, die dem Sultan den Thron streitig machen wollten, versuchten sich vergeblich an einer Eroberung. Die hat man aber stets mit Einsatz spezieller Stein- oder Feuerschleudern erfolgreich abgewehrt.
Der berühmteste Bewohner des 19. Jahrhunderts war Muhammad Ali Pascha, der Ägypten von 1805 bis 1848 regierte. Er machte die Festung Anfang des 19. Jahrhunderts zu seinem Regierungssitz. Und nach einer 1824 stattgefundenen Explosion im Pulverlager der Zitadelle, bei der viele Mauern und Türmen zerstört wurden kam es bei Wiederaufbau 1830 im Inneren der Zitadell zur Errichtung der Alabastermoschee, die offiziell Mohammed-Ali-Moschee heißt. Sie wurde in Anlehnung an die Hagia Sophia aus Istanbul geschaffen. Und ihre Minarette überragen die Bauten der ursprünglichen Zitadelle.
Von einem arkadenumkränzten Hof betritt man den Innenraum der Moschee, deren alabasterverkleideten Wände der Moschee ihren gängigen Namen "Alabastermoschee" gegeben haben. Der Architekt war Youssef Boshna aus der Türkei. Die Moschee hat einen quadratischen Grundriss, die Seitenlänge beträgt 41m, der Durchmesser der mittleren Kuppel 21m und die Höhe 52m. Die Minarette überragen mit ihren 84 Metern alle anderen Gebäude in der Zitadelle. In der Moschee befindet sich auch das Grabmal ihres Erbauers.
Der im Innenhof stehende Uhrturm ist ein Geschenk des französischen Königs Louis Philippe an den damaligen Herrscher Mohammed Ali, sozusagen als Tausch für den in Paris am Place de la Concorde errichteten Obelisken aus Luxor. Man sollte außen um die Moschee gehen, denn von der Terrasse bietet sich ein atemberaubender Blick über Kairo bis zu den Pyramiden.
Allein schon die Sicht von dort oben auf die Stadt ist einen Besuch der Zitadelle wert. Man schaut hinunter in das Gassenlabyrinth der Altstadt, aber auch über die Silhouetten der Moscheen und Minarette bis zu den Pyramiden. Auf dem unteren rechts Bild sieht man die Sultan Hassan und die Rifai Moschee.
Diese Mohammed Ali Moschee ist ein unbeschreiblich schönes und emotional sehr bewegendes Gotteshaus. Man betritt die Moschee in Strümpfen oder mit Plaste Überschuhen, die man für 10 LE am Eingang ausleihen kann. Der eindrucksvolle große Gebetsraum, die Altäre, die filigrane Gestaltung jeder noch so kleinen Ecke und natürlich das Grab von Mohammed Ali, das sind Bilder die, im Gedächtnis bleiben.
Mit der Zitadelle ist ein Ereignis verbunden, das jeder Reiseführer heutzutage den Besuchern der Festung erzählt.
Es handelt sich um ein Massaker das Muhammad Ali am 1. Mai 1811 anrichtete, um seine Rivalen, die Mamelucken, zu vernichten. Der Herrscher hatte alle 480 Mameluckenführer eingeladen und das Bankett wurde im Palast abgehalten. Nach dem Fest reisten die Gäste wieder ab. Aber als sie den Hügel hinab ritten, begannen die Wächter von Muhammad Ali auf sie zu schießen und sie zu töteten. Die Tore waren alle geschlossen und es gab keinen Fluchtweg. Nur ein Mann überlebte. Er ritt die Rampe hinauf und sprang mit seinem Pferd über den Schutzwall.
Mit diesem Meuchelmord entledigte sich Mohammed Ali der noch mächtigen Elite der Mamelucken. Ägypten öffnet sich so dem Westen.
Ferner steht im Bereich der Zitadelle die Sultan-en-Nasir-Moschee. Man hat sie sachverständig restauriert. Eine typische Säulenhof-Moschee aus dem 14. Jahrhundert. Vor der Gebetsnische tragen 16 altägyptische Säulen das Kuppeldach.
Eine von Reiseleitern gern angesprochene Geschichte ist der Versuch eines Zusammenhangs zwischen den südlich der Moschee liegenden Josephs- Brunnen und dem alttestamentarischen Joseph. Das stimmt aber nicht! Einer der vielen Vornamen von Sultan Saladin lautet ebenfalls Joseph (Jusuf).
Dieter Tischendorf (ditido)
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