Der Khan el Khalili Basar
Ein Kairobesucher, der nicht über den 600 Jahre alten Khan El Khalili Basar gebummelt ist, hat das wahre Kairo nur halb erlebt.
Schon seit Zeiten des Mittelalters wurden hier allerlei Waren und Kostbarkeiten feilgeboten.
In den vielen Karawansereien (Khan), deren Untergeschosse schon Lager und Handelsplatz waren, übernachteten die fahrenden Händler.
Und nach einem vom Oberstallmeister eines Sultans, namens El Khalili, dort errichteten Gebäudekomplexes bekam der Basar seinen noch heutigen Namen.
Doch die Zeiten, wo hier seltene und unverfälschte Waren dargeboten wurden, sind vorbei. „Billiger Plunder“, in Massen von den Alabasterschnitzer Kairos hergestellt, Waren mit „Made in Taiwan“ oder „Made in China“ überschwemmen den Basar.
Also Vorsicht! Man hüte sich vor der Hoffnung, ein “Schnäppchen“ zu machen.
Das Geschäft macht immer, wirklich immer, nur der Händler.
Doch ungeachtet dessen, es bleibt das romantische arabische Gassengewirr, das herrliche Labyrinth mit den wunderbaren Ecken, den Läden und Werkstätten.
Startplatz der „Expedition“ durch el Khalili ist natürlich der Hussein Platz mit der El Azhar Moschee.
Es ist schon faszinierend in die eigentlich recht weit verzweigte, aber doch enge Welt des orientalischen Handels einzutauchen, die Vielzahl der teilweise gleichartigen, aber auch immer wieder anders erscheinenden Läden zu betrachten, dabei zu sein, beim Stimmengewirr, dem Gedrängel (Vorsicht vor Taschendieben!), dem Rufen, dem Verfolgen des Kunden durch den Stoffhändler, der verzweifelt versucht in vielen Sprachen die Herkunft des Besucher zu erfahren.
Goldschmiedekunst, Kupfer- und Glaswaren, Papyros (natürlich 100%ig echt), Parfüme, exotische Kleider oder Schals, Teppiche usw. Alles ist zu bestaunen.
Interessant ist auch ein Blick nach oben. Die eng nebeneinander und gegenüber stehenden Häuser stoßen fast zusammen. Dazu die „maschrabija“, ein geschlossener Balkon mit Fenstern aus fein gedrechselten Holzgittern. Von hier konnten die Damen des Hauses die Vorübergehenden und das Treiben auf der Strasse verfolgen. Ohne sich in die unverzeihliche Gefahr zu begeben, selbst gesehen zu werden.
Man riecht beim Betrachten gleich wieder den Hauch von Gewürzen, von Parfüm, weiß, dass am sich die Ecke der Hähnchenbratstand befindet. Dazu die Buchbinder und Kunsthandwerker, die Goldschmiede, die Edelstein- und Geschmeidehändler, die Fes- und Zeltmacher, Arznei- oder Spezereiläden und auch die traditionellen Manufakturen, wie Glasbläser, der letzte Fußbügler und die Wasserpfeifenhersteller. Noch 30 Meter, dann kommt schon das „qahawi“, ein Cafehaus mit wackligen Plastikstühlen, einer Feuerstelle für Kaffe und Tee und dem Holzkohlenfeuer für die Wasserpfeife. Backgammon gefällig? Eben Orient pur!
Für mich aber blieb beim Besuch des Basars das hohe Gefühl, durch Gassen zu bummeln, in denen Nagib Machfuß, Ägyptens unvergleichlicher Literatur Nobelpreisträger, seine Jugendzeit verbrachte. Ein Wandern durch ein Stadtviertel, das er in seine Büchern unsterblich machte. Eine Atmosphäre zu genießen, wie er sie in seiner Art der Beschreibung des orientalischen Flair und der Sehenswürdigkeiten wiedergibt.
Dieter Tischendorf (ditido)